Totgeschwiegener Vandalismus

Veröffentlicht: 29. März 2013 von Admin in Allgemein, kreuz&quer, Schulalltag

Lange Zeit hat man darüber geschwiegen. Gut, dass Kreuz&Quer auch heikle Themen anspricht. Bei uns wird schließlich Klartext geschrieben, und zwar schonungslos!

Was ist hier gemeint? Gemeint ist der Vandalismus im Schullandheim Mayenhof, der durch das mutwillige Beschreiben der Hochbettunterseiten in den Zimmern im 2.Stock entstand. Diese Frage nach der künstlierischen und geistigen Qualität sollte man differenziert beantworten. Gedichte wie „Lieschen Müller [der Name der Person wurde bewusst geändert, d. A.] du geile Sau, ich liebe deine Haare (außer das bisschen grau) doch als ich erfahre, dass du mich betrügst, muss ich dir sagen, so leid es mir tut, du bist so hässlich wie eine Hexe ohne Hut“ (Zimmer 12, hinteres Bett) sind dort eine Seltenheit.Der Rest ist ziemlich „08/15“. Wie in jeder x-beliebigen Jugendherberge der Welt finden sich auch im Mayenhof „die geilsten (Telefon)nummern“ – „gegen Kummer“ oder um denjenigen, der rangeht, zu „dissen“. Die Verfasser dieser Inschriften müssen sehr mitteilungsbedürftig gewesen sein, wobei es auch zu Streit kam, der unbedingt dokumentiert werden musste. Ein Beispiel – die „Zwiebelgirls“: M., die „Putze vom Amt“, sei beim Kloputzen ins Klo gefallen, liest man dort. M.s Freundinnen kommen wesentlich besser weg: „H.’s Koffer geht nicht zu! B. tanzt voll geil!!! – H. auch. [-] Den Spruch findet B. Kacke“. Der einzige druckreife Spruch vom rechten Bett in Zimmer 17 ist: „Schützt die Bäume, esst mehr Bieber!!!“. Aber dieser Witz ist schon alt. Damit ist er nicht allein: „Nachricht nach dem Fickton: Alt!“ steht wenige Zentimeter daneben.Das linke, hintere Bett in Zimmer 17 hat am meisten unter dem Vandalismus gelitten. Hier fällt die extreme Pluralität der lyrischen Hinterlassenschaften auf. Neben „Higgs, together are we strong“, „Frosch+Fisch=Big Love“ und „Liebe Welt, denk an uns!“ gibt es auch mehrdeutige Ratschläge wie „Nutzt die Nächte! – Landheim ist zu kurz!“. Was aber betont werden muss, ist, dass man fast keine Beschwerden über das Schullandheim liest. Manche bedauern es sogar, wieder abreisen zu müssen. Nüchtern betrachtet hat der unbekannte Schüler, der in Zimmer 17, rechtes Bett „Alter, hier steht doch nur Scheiße!!!“ schrieb, vollkommen recht. In der Tat findet man das meiste, was dort steht, auch anderswo. Die wenigen Hinterlassenschaften, die sich von der Masse abheben, habe ich hier für die Nachwelt festgehalten. Es macht – finde ich – auch keinen Sinn, den Vandalismus zu entfernen. Erstens, weil er die Schüler nicht stört, sondern eher belustigt, und für die ist das Schullandheim ja vorrangig da. Und zweitens würden die Schüler, die zukünftig ins Schullandheim fahren werden, mit dem Vandalismus wieder „von vorne anfangen“.

Friedrich Schnoor



Ein Brief vom Landheimverwalter Gerd Weber

Liebe Schüler, es freut mich sehr, dass die Schülerzeitung meine Anregung, die Malereien an den Landheimbetten zu thematisieren, aufgegriffen und mich aufgefordert hat, eine Antwort zu schreiben. Mit dem Inhalt des Artikels „Totgeschwiegener Vandalismus“ bin ich allerdings überhaupt nicht einverstanden. Ich bin empört über die mutwillige Verschandelung der Landheimbetten. Dass man diese Sprüche in Jugendherbergen, Autobahn- und Bahnhofstoiletten findet und dass nach einer Entfernung solcher Sprüche das ganze Spiel wieder von vorn beginnt, sind keine Gründe, diese „Malereien“ zu akzeptieren und diese Verhältnisse im Mayenhof als unabänderlich und normal zu betrachten.

Die Hausordnung des Mayenhofes beginnt mit den Sätzen: “Von allen Gästen wird ein pfleglicher und sorgsamer Umgang mit dem gesamten Inventar erwartet. … Beschädigungen, die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit entstehen, sind vom Verursacher in Absprache mit dem Stiftungsvorstand zu beheben.“ Diese Hausordnung wurde in Kraft gesetzt, um allen Benutzern des Mayenhofes einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen, um die Kosten für Reparaturen (und damit die Übernachtungskosten) gering zu halten und den Mayenhof nicht in einen abgewohnten, verschlissenen Zustand abgleiten zu lassen. Natürlich ist der Mayenhof hauptsächlich für euch Kreuzschüler da, aber auf die Einnahmen aus der Wochenend- und Ferienvermietung sind wir auch angewiesen. Wenn diese Einnahmen wegbrächen, weil sich diese Wochenend- und Feriennutzer vielleicht abwenden werden, müssten wir die Benutzungsgebühren für euch drastisch erhöhen. In dem folgenden Abschnitt wende ich mich hauptsächlich an euch „Maler“: Unabhängig von der Hausordnung stört es mich, dass mit den Sprüchen Mitschüler beleidigt werden. Muss von der „Putze vom Amt“ beim Kloputzen mit viel Häme berichtet werden? Irgendjemand muss die Klos reinigen. Die Kloputzer brauchen keine Dankesgedichte, seid aber froh, dass jemand diese Arbeit übernimmt, und macht euch nicht noch lustig darüber.Ich kann es auch nicht verstehen, dass ihr die Bettgestelle (Zimmer 17) aus dem so schön gemaserten Holz, farblos lackiert, in so einer üblen Weise zerstört. Der Tischler dieser Betten hat sich große Mühe gegeben und ordentlich und nicht liederlich gearbeitet. Ist dessen Arbeit überhaupt nichts wert? Habt ihr einmal darüber nachgedacht, wie viel Arbeit und Mühe Herr Keucher für den Aufbau, die schöne und zweckmäßige Inneneinrichtung und die Erhaltung des Landheimes bisher aufgebracht hat, und hat ihm schon einmal jemand gedankt? Seit dem November 2012, als die Mitarbeiter der Schülerzeitung im Mayenhof waren, ihren Eindruck von den Landheimbetten in dem Artikel „Totgeschwiegener Vandalismus“ beschrieben und zu einem milden Urteil gegenüber den „Malern“ gelangten, haben die Schmierereien an den Bettgestellen deutlich zugenommen. Wo soll nach euerer Vorstellung eine Grenze sein? Ist vielleicht als nächstes der neue Fußboden aus Lärchenholz an der Reihe, mit eueren „Malereien“ verziert zu werden?Ihr alle – „Maler“ und schweigende Zuschauer – seid Kreuzschüler. Ihr wolltet gern auf diese Schule. Ihr habt Euch einer Aufnahmeprüfung gestellt. Ihr habt euch gefreut, als ihr sie bestanden habt. Ich kenne Kinder, die nicht aufgenommen worden sind und die grenzenlos enttäuscht waren. Welches Bild von euch wollt ihr der Öffentlichkeit vermitteln, oder – noch wichtiger – welchen Ansprüchen an euch selber wollt ihr genügen? Dem Verfasser des Artikels „Totgeschwiegener Vandalismus“ danke ich dafür, dass er die Diskussion in der Schülerzeitung eröffnet hat.

Gerd Weber

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